Sorge um angemessene medizinische Versorgung von Diabetikern
Liebe Leserinnen und Leser,
seit vielen Jahren bin ich nicht nur Mitglied im DDB, sondern ich lese seit 30 Jahren auch unsere Mitgliederzeitschrift recht aufmerksam. In der Juliausgabe des Diabetes Journals hat mich der Beitrag „Quo vadis, Diabetologie“ sehr nachdenklich gemacht. Weltweit ist ein rasanter Anstieg der an Diabetes erkrankten Menschen zu verzeichnen und die WHO hat schon vor Jahren diese Krankheit zur Pandemie erklärt. Und was macht die deutsche Gesundheitspolitik? Sie schafft quasi die Betreuungs- und Versorgungsangebote für Diabetiker in den stationären Einrichtungen ab! Dabei hat fast jeder 6. Patient in den Kliniken die „Nebendiagnose“ Diabetes mellitus. Ambulant könnte die Versorgung in einigen Jahren ebenso schwieriger werden, wenn viele der Hausärzte und Diabetologen in Ruhestand gehen und kein Nachwuchs in Sicht ist. Zumal nur etwa ein Fünftel der medizinischen Hochschulen die Krankheit Diabetes auf dem Lehrplan hat! Dank der Unterstützung von zuhörenden, kompetenten und gut ausgebildeten Ärzten, Fürsorgerinnen und Diabetesberaterinnen konnte ich seit 60 (!) Jahren meinen Alltag als Typ-1-Diabetiker (inzwischen mit Hilfsmitteln wie Insulinpumpe uns CGM ausgerüstet) meist gut managen. Auch meine jetzige Schwerpunktpraxis mit ihren qualifizierten und hochmotivierten Mitarbeitern bekommt ein dickes Lob!
Aber:
In den letzten vier Jahren musste ich mehrfach stationär in einer Klinik, u.a. auch der Maximalversorgung, behandelt werden, einige Male gewissermaßen als „Feuerwehrtermin“. Bei der Behandlung meiner Gesundheitsprobleme machten alle Ärzte und das Pflegepersonal durchweg einen guten Job. Doch meine Diabeteserkrankung spielte so gut wie keine Rolle; man war froh, daß ich mich allein gekümmert habe, auch wenn dies z.B. nach einer OP nicht ganz einfach war. Ich erlebte Aussagen wie „bei Ihrer Diabetesdauer wissen Sie besser bescheid als ich oder wie kürzlich „was wollen sie mit einer Basalrate, sie haben doch eine Pumpe?“ Leider höre ich, daß es anderen Diabetikern ähnlich ergeht. Ich kann diesen Mitarbeitern nicht mal einen Vorwurf machen, wenn sie es nicht gelehrt bekommen!
Vor über 40 Jahren habe ich als junge Krankenschwester gelernt, dass der Mensch, besonders der kranke, als Ganzes betrachte und behandelt werden soll! Gilt dies heute in unserer technisch auf höchstem Niveau ausgerüsteten Medizin nicht mehr? Ist Profit im Gesundheitswesen wichtiger als eine solide alle Fachbereiche betreffende Ausbildung? Dass viel zu wenige in den letzten 40 Jahren ausgebildet wurden ist noch ein zusätzliches Problem.
Eine angemessene medizinische Versorgung der Bürger zählt zur Daseinsfürsorge! Das ist eine enorm wichtige Aufgabe der Regierung und aller Abgeordneten in den verschiedenen Parlamenten.
Ich bitte die Vorstände aller Diabetesselbsthilfeorganisationen in unserem Land die Gesundheitspolitiker mit Nachdruck im Namen der vom Diabetes betroffenen Menschen auf diese Pflicht hinzuweisen.
Autorin: Uta Weiß
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